Brasilianische Weihnachtszeit

Wenn die Deutschen mich fragen, wie Weihnachten in Brasilien ist, sage ich immer: Es ist anders.

 Es ist Sommer, warm, sonnig und wir haben kein „Weihnachtsgefühl“, sondern ein „Ende-des-Jahres-Gefühl“. Bei uns muss es nicht gemütlich zu Hause sein, weil wir nie zu Hause bleiben. In Brasilien im Sommer muss man raus. Man muss draußen sein, es wird gefeiert.

 Die Brasilianer haben in Dezember Eile. Alles, was nicht im Laufe des Jahres erledigt wurde, muss im Dezember geschafft werden. Die alten Projekte müssen beendet werden, damit im neuen Jahr alles von Null wieder anfangen kann.

 Die Firmen müssen ihren Bilanz prüfen, die Studenten haben die letzten Examen in der Uni, die Schüler werden genauso geprüft, die Verkaufsziele müssen noch erreicht werden, unsere Politiker müssen es noch schaffen, die letzte Projekte bei dem Senat durchzuführen, die Anwälte müssen noch die nächsten Schritte eines Prozesses beantragen und all das, vor dem letzten Tag des Jahres, weil ab Januar Sommerferien sind und die meisten in Urlaub gehen.

 Außerdem: Dezember bedeutet für uns feiern und nicht Ruhe. Es gibt überall Abschiedsparties, in der Schule, beim Sportverein, bei der Firma, im Freundeskreis, man verabschiedet man sich von dem tollen Jahr, das man zusammen verbracht hat und wünscht den anderen alles Gute für das neue Jahr. Die Brasilianer sind im Dezember deswegen ständig unterwegs.

 In dieser Zeit in Brasilien gibt es keinen Weihnachtsmarkt und keinen Glühwein. Man geht in die Kneipe zur Happy Hour, die normalerweise zu einer „Happy long Hours“ wird und vor zwölf geht man nicht ins Bett.

 Es gibt bei uns keinen Adventskranz oder -kalender, es gibt nur einen „Count Down“ für das Ende des Jahres. Das neue Jahr hat für die Brasilianer eine besondere Bedeutung, es heißt der Begin einer neuen Zeit, in der man die Hoffnung eines schönen Lebens erneuert.

 Die Weihnachtsfeier selber wird bei uns im Kreis der großen Familie gefeiert, das heißt nicht nur Großeltern, Eltern und Kinder, sondern die ganzen Geschwister der Eltern, deren Kinder, Großeltern, Tanten und wer immer noch Lust hat dazu zu kommen.

 Damit die Arbeit nicht nur beim Gastgeber liegt, kocht jeder was Besonderes und bringt es zur Feier mit, oder das Essen wird einfach bei einem Catering Service bestellt und gut ist. Schließlich hat keiner Zeit groß zu kochen und es wird auch nicht so viel Wert darauf gelegt. Die Kosten der Feier werden durch alle geteilt, weil in Brasilien nicht jeder so eine große Party sich leisten kann. Bevor gegessen wird, wird nicht gesungen sondern gebetet und die sehr religiösen gehen um zwölf Uhr in die Kirche.

 Das Problem der Geschenke für all diese Leute ist auch sehr praktisch und günstig gelöst. Die Brasilianer machen so eine Art „geheimer Freund“ (amigo secreto – ähnlich dem Wichteln in Deutschland), wie wir das nennen und das läuft so: die Gruppe, die an dem Spiel teilnimmt, trifft sich eine oder zwei Wochen bevor der „Geheime Freund“ bekannt wird. Alle Namen der Teilnehmer werden auf einen Zettel geschrieben und unter den Teilnehmern verteilt. Jeder nimmt einen Zettel und die Person, die darauf steht ist sein geheimer Freund. Dann muss man dieser Person etwas schenken. Man darf den anderen nicht sagen, wen man als geheimen Freund gezogen hat. Dann treffen sich alle wieder und man muss seinen geheime Freund beschreiben und die anderen müssen erraten wer das ist. Dann schenkt man das gewünschte Geschenk, jeder hat was und man gibt nicht so viel Geld aus. Dieses Spiel wird bei Arbeitskollegen, Freundeskreis und großen Familien gespielt.

 Die Atmosphäre einer Weihnachtsfeier in Brasilien hat nichts mit Gemütlichkeit, Entspannung und Ruhe zu tun. Es ist laut, es wird kaltes Bier getrunken, die Kinder laufen und spielen die ganze Zeit rum, alle sprechen gleichzeitig oder unterhalten sich was sehr laut. Es wird laut gelacht, die Musik ist ebenso laut und trotzdem verstehen sich alle.

 Das einzige, dass das gleiche ist der Weihnachtsmann, der in Brasilien genauso winterlich angekleidet ist und mit dem Schlitten bei uns ankommt.

 Wenn ich den Brasilianern von der deutschen Weihnacht erzähle, denken sie, dass es totlangweilig ist. Wenn ich den Deutschen von der brasilianischen Weihnachtsfeier erzähle, finden sie es ist ungemütlich und chaotisch. So was muss man nicht verstehen, es ist einfach anders.

 Frohe Weihnacht und alles Gute in dem neue Jahr.

 Larissa d’Avila  da Costa

Mannheim, Dezember 2007